Page 18 - LEX Magazin 1-2017
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TITELGESCHICHTE
STRESS(BEWÄLTIGUNG)
sich mit den stressverstärkenden Gedanken, die kommen, und ob ihre Summe nicht auch schon Aus- wirkungen auf die Gesundheit hat. Fragen zur All- tagsgestaltung, zu Zeitabläufen und der Lebensqua- lität erleichtern die (selbstkritische) Einschätzung.
Als Wichtigstes gilt es zu lernen, regelmäßige und
geplante Pausen zu machen, die auchwirklichePausensind,d.h.in "DERALLERGRÖSSTE denen man wirklich herunterfährt
SCHUTZIMLEBEN ISTBINDUNG."
PROF. FRIEDRICH LÖSEL
und entspannt. Für den einzelnen
Tag heißt das beispielsweise: sich
jeden Mittag 30 Minuten hinlegen,
oder spazieren gehen. Es bieten sich
auch Yoga oder progressive Mus- kelentspannung (PMR) nach Jacob-
sen an. Für die Woche heißt das, freie Tage fest ein- planen und einhalten. Auch hier gilt, dass wirklich entspannt und heruntergefahren wird. Wer den Tag dann anderweitig voll packt, kann nicht richtig ent- spannen, denn der Kopf gehört auch dazu. Weiter geht es mit freien Wochenenden und geplantem Ur- laub. Was so selbstverständlich klingt, ist gerade für negativ gestresste Menschen oft ein großes Prob- lem. Daher ist ein konsequent durchgeführtes Zeit- managment häufig der erste Schritt der Verände- rung. Vom negativen Stress Betroffene agieren häufig unstrukturiert, was Zeitplanung betrifft, im- mer busy. Eine Managerweisheit lautet: „Die meiste Zeit wird vergeudet beim Versuch, Zeit zu sparen“ Zeitplanung, was auf den ersten Blick nach einer weiteren Reglementierung aussieht, schafft richtig eingesetzt, Freiräume für die notwendige Entspan- nung und führt „nebenbei“ noch zu effektiverer Arbeit. Die Widerstandskraft gegen negativen Stress (Resilienz) stärkt man zusätzlich durch ge- zielte Bewegung. Eine Ausdauersportart (Laufen, Walken, Radfahren, Schwimmen) moderat und re- gelmäßig betrieben, schafft mehr Wohlbefinden, der Körper belohnt für Bewegung. Das Immunsys- tem wird gestärkt.
Besonders betont wird in vielen Publikationen die Bedeutung der sozialen Beziehungen. Intakte Part- nerschaften, ein funktionierender Freundeskreis sind sehr bedeutsam für ein Leben mit weniger un- angenehmen Stress. „Der allergrößte Schutz im Le- ben ist Bindung.“ (Prof. Friedrich Lösel, Entwick- lungspsychologe und Präventivforscher). Hier kommt es nicht auf möglichst viele, sondern auf verlässliche, stabile und tiefe Beziehungen zu ein- zelnen an. Auch in der Forschung beim Lebensalter
nung muss der Hebel angesetzt wer- den. Eine Umfrage (48.000 Teilnehmer) auf der Internetseite der AOK, die entwickelt wurde von Professor Henning Allmer aus Köln (Institut für angewandte Gesund- heitswissenschaften) kam zu dem Ergebnis, dass 63% der berufstätigen Deutschen erholungsunfähig sind.
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war ein immer wieder auftretender, wichtiger Fak- tor ein stabiles persönliches Beziehungsnetz, wel- ches Probleme und Sorgen auffängt. Wie wider- standsfähig (resilient) man als Erwachsener gegen Überforderung ist, hängt dabei auch stark davon ab, wie intakt diese Beziehungen in Kindheit und Ju- gend bestanden haben. Besonders bei der Entspan-
Sie schaffen nicht den erforderlichen Ausgleich für körperliche und psychische Belastungen. Erholung muss aktiv geplant und gestaltet werden. Selbststän- dige sind mehr betroffen als Arbeitnehmer, berufs- tätige Frauen stärker als Männer und Alte/Junge we- niger als die 30-50-Jährigen.
Zur Entspannung gehört auch noch ausreichend Schlaf, das kann auch ein kurzer Mittagsschlaf sein. Nicht zu vergessen sind eine ausgewogene, gesunde und abwechslungsreiche Ernährung und man sollte versuchen, sich an den kleinen Dingen des Alltags zu erfreuen. Wer sich vorm Einschlafen noch mal an drei schöne, erfreuliche Dinge des Tages erinnert, schläft besser ein. Häufig beschäftigt man sich dann eher mit negativen Dingen, die im Kopf kreisen, für ärgerliche Gefühle sorgen und das Einschlafen ver- zögern.
Fazit
Erholung ist der wichtigste „Negativstresskiller“. Sie muss gewollt sein und aktiv gestaltet werden. Ge- stalterische Hilfe kann hier ein Stresstrainingsplan geben, der das Jahr in Belastungszeit und Ruhepha- sen einteilt und somit Stress schon durch konstruk- tive Planung reduziert. Die meisten Menschen sind sich dieser Notwendigkeit nicht bewusst, selbst wenn sie es „irgendwie“ wissen oder ab und zu spü- ren. Sie reagieren häufig erst, wenn entsprechende extreme gesundheitliche Folgen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Burn Out, Diabetes...) eingetreten sind. Vorbeugung ist daher für jeden wichtig, egal ob er den Stress schon als negativ empfindet oder (noch) nicht. Ausreichend Bewegung und ein intaktes Be- ziehungsnetz müssen gepflegt, bzw. in Angriff ge- nommen werden.
Quelle: Prof. Gert Kaluza, "Gelassen und sicher im Stress", Springer Verlag